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Mein Steiniger Weg 🪨🌳

Aktualisiert: 10. März



Schaue dir unser Video vom Jakobsweg an.⬆️💫

Alles begann eines Morgens, als ich aufwachte und meine innere Stimme mir sagte „Geh den Jakobsweg“. Mein erster Gedanke war, wer oder was ist der Jakobsweg? Also begann ich noch im Bett zu recherchieren. Meine Ergebnisse waren echt unübersichtlich. Es ist ein Weg den man zufuß geht, man schläft in Mehrbettzimmern, ich muss einen Rucksack tragen und ich muss auch mit all dem auskommen, was ich in den Wanderrucksack bekomme. Erstmal nicht wirklich ansprechend für mich. Doch es war eine super Gelegnheit nochmal alles zu sammeln und noch bevor ich das Studium beende Klarheit zu bekommen, außerdem gab es einen Weg am Meer entlang. 🌊🌟

Eine Woche später war ich bei meinen Eltern zu Besuch und erzählte Ihnen von meiner Idee. Sie waren beide begeistert und standen mir bei der Vorbereitung bei. Als ich wieder zurück in Köln war, erzählte ich, natürlich bei einem Spaziergang meiner Freundin, Marry davon. Wir wollten noch etwas zum Picknicken einkaufen, also wartete ich mit Jill vor dem Supermarkt auf Marry. Als ich wartete fuhr ein LKW an mir vorbei auf dem Stand „Du bist auf dem richtigen Weg“ auf dem Lastwagen war ein Kornfeld mit einer roten Mohnblume in der Mitte. Jetzt kommts, der Mann dem das Unternehmen gehört heißt Jacob, das stand unten links auf dem Laster. Das war mein Zeichen. 🚛🌾

Einen Monat später ging auch schon mein Zug nach Baynonne. Leichtsinnig bin ich mit meiner kleinen Hündin, Jill losgefahren. Die erste Nacht schliefen wir noch im Hotel aber am nächsten Morgen sollte schon die erste Wanderung starten.

Mein Wecker klingelte um 06:30 Uhr und die Reise begann. Ich bin gerade erst aus dem Zug ausgestiegen und lernte einen Mann aus NewYork kennen und eine Frau aus Dänemark. Wir trennten uns aber schon wieder früh, da wir Unstimmigkeiten über den Weg hatten – natürlich hatte ich den richtigen Weg. 🙃

Allerdings entpuppte sich dennoch die erste Woche als meine persönliche Hölle, ich verstand, warum mich jeden Tag mindestens 5 Menschen gefragt haben: Are you doing the whole Camino with your dog? (Machst du den gesamten Jakobsweg mit deinem Hund?). Ich fand keine Schlafplätze, überall waren Hunde verboten, ich konnte nicht mal Lebensmittel kaufen, weil sie ja immer bei mir war. Dann dieser Druck nicht nur für sich selbst verantwortlich zu sein in einer solchen Ausnahmesituation, sondern auch Achtsam gegenüber Jill zu sein. Hinzu kam noch das Futter, und das extra Wasser, das ich für sie tragen musste. Am dritten Tag erreichte das Schlafproblem seinen Höhepunkt. Ich habe das gesamte Internet durchforstet nach Unterkünften in Deba und 5km Entfernung - aber nichts, nirgendwo sind Hunde erlaubt. Als letzte Option sah ich in Deba die Touristeninformation. Aber auch hier nichts... Ich war fassungslos, ich fragte nach einem Zelt, einer Garage, Keller, Flur irgendwo weigstens ein Dach über dem Kopf. Die Frau atwortete mir nur "Nein, tut mir Leid". Mir kullerten Tränen die Wange runter, ich war komplett verzweifelt, bis mich noch beim Rausgehen Marie ansprach. 😇


Marie war nur wenige Monate älter als ich und hatte eine komplette Campingausrüstung dabei (inklusive Gaskocher). Sie fragte mich, ob ich ein Zelt brauche. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Sie ging sogar mit mir gemeinsam noch zu der Herberge in Deba, um zu fragen ob ich dort wenigstens duschen kann. Marie war ein wirklicher Engel, sie passte auf Jill auf während ich duschen war und am Abend hat sie für mich am Strand gekocht. 🥘❤️


Nach der ersten großen Hürde konnten die nächsten Porblmee nihct lange auf mich warten. Bereits an Tag fünf habe ich über das Aufgeben nach gedacht und konnte meinen Tränen nicht mehr zurückhalten. So wie sich die Tore des Himmels geöffnet haben und es in strömen geregnet hat, so fühlte ich mich auch. Ich lief den gesamten Tag durch Starkregen bis ich abends in das nächste Hotel eingecheckt habe. Ich konnte nicht mehr. 🌧️🐾

Ich telefonierte mit meinem Papa und danach mit meiner Mama, die beiden ließen mich wieder Licht am Ende des Tunnels sehen. Immerhin hatte ich noch gute 700km vor mir. Ich beschloss am nächsten Tag in die nächstgrößere Stadt (Bilbao) zulaufen, um ein Zelt zu kaufen, aber mich trotzdem noch eine letzte Nacht im Hotel auszuruhen.⛺

Am nächsten Tag startete ich voller Energie mit fast 4 Kilo mehr Gepäck im Rucksack – mittlerweile hatte ich 16kg, die ich jeden Tag Kilometer für Kilometer tragen musste. Nach der anstrengenden Wanderung freute ich mich darauf auszuruhen, aber es war gleichzeitig auch die erste Nacht in meinem eigenen Zelt. Es erste Mal in meinem Leben, dass ich ein Zelt aufgebaut habe – ich habe nur 22 Minuten gebraucht, um das Schlafgemach herzurichten. Jeden Morgen, den ich in dem feuchten und kalten Zelt aufgewacht bin, sah man mir die Spuren der Nacht an. Ich habe gefroren, da ich dachte es sei dort Sommer, dem entsprechend habe ich gepackt - es war nachts teilweise 7 Grad. Also begann ich jeden Morgen im Zelt ein Bild von meinem total übermüdeten Gesicht zu machen und schickte es an meine Familie und Freunde – wirklich lustige Bilder. 🤪

Tag für Tag kämpfte ich mich durch die Hürden des Jakobswegs, doch der Druck wuchs – vor allem durch die anderen Pilger. Viele standen früh auf, hatten Unterkünfte vorgebucht und wirkten bestens vorbereitet. Ich hingegen startete spät, hatte nichts reserviert – Hunde waren eh überall verboten – und trug zum ersten Mal einen schweren Wanderrucksack. Ohne richtige Vorbereitung und mit wenigen Pausen spürte ich, wie mein Körper erschöpfter wurde und die innere Unruhe wuchs. Ich wusste, so konnte es nicht weitergehen. Ich musste mein Tempo, meine Einstellung – und vielleicht mich selbst ändern. 🌟

Dann lernte ich Jean Jacques und Bertrand kennen. Wir sind 13 Tage zusammen gelaufen und haben uns verständigt ohne das wir die selbe Sprache gesprochen haben (nur Bertrand hat Eglisch gesprochen). Auch wenn man es kaum glauben mag, wir hatten wirklich tiefgründige Gespräche über Religionen, Menschen, Krieg, Politik aber auch über eigene Träume, Ziele du die Vergangenheit haben wir gesprochen. Jean Jacques hat den Krebs überlebt, sein Körper zeigte die schwere Vergagenheit mit großen Narben. Ich nannte ihn immer Jesus, zum einen sah er mit seinen 63 Jahren und seiner langen grauen Mähne wirklich so aus und zum anderen hatte er für jedes vermeintlich Problem mindestens fünf Lösungen parat, er hat immer das positive gesehen. Er sagte immer ‚is egal‘ in dem süßesten Deutsch, dass ich je gehört habe. Er und Bertrand haben mir auf dem Weg so viele Ängste, Sorgen und Druck von den Schultern genommen. Jean Jacques war wie mein Opa, der nur wirklich fit ist und ultra cool war und Bertrand war wie mein großer Bruder. 👴👦

Wir sangen zusammen, tanzten und wir teilten den selben Humor. Später kam sogar Jean Jacques zu mir, und erzählte mir, dass er sich es ereste mal auf dem diesjährigen Jakobsweg verliebt hat.

Jean Jacques war ein erfahrener Pilger – es war bereits sein siebter Jakobsweg. Bertrand ging den Weg zum vierten Mal. Ihre Erfahrungen beeindruckten mich zutiefst und halfen mir, meine Sicht zu verändern: Aufgeben war keine Option. Ich beschloss, den Jakobsweg anders anzugehen – nicht als Wettlauf, sondern als Reise zu mir selbst. Ich machte Pausen, genoss die Natur und ließ den Druck los, alles perfekt machen zu müssen. Stattdessen lernte ich, jeden Schritt bewusst zu erleben. 🌿

Nach zehn Tagen und 267 Kilometern erreichten wir die Albergue de Peregrinos de Guemes. Dieser Ort war mehr als eine Herberge – es war ein Zuhause für Pilger. Ernesto, der Herbergsvater, sprach über den Jakobsweg als „Universität des Lebens“ und erklärte, dass dieser Weg Mut und Ausdauer erfordert. Seine Worte berührten mich zutiefst, denn sie spiegelten genau das wider, was ich fühlte. 🌟

Gemeinsam mit 76 Pilgern saß ich an einer langen Tafel. Wir teilten Essen, Geschichten und Momente der Dankbarkeit. Als ich am nächsten Morgen losziehen wollte, bot mir Ernesto frisches Wasser aus dem Brunnen für Jill und mich an. Diese kleine Geste rührte mich zu Tränen und erinnerte mich daran, wie kostbar echte Verbundenheit ist. 💧

Seine Worte über die „Universität des Lebens“ begleiteten mich in den nächsten Tagen. Ich begann, in allem eine Lektion zu sehen, fragte mich bei jeder Herausforderung: „Was soll ich daraus lernen?“ Dieser Weg wurde zu meiner ganz persönlichen Schule. Nach weiteren Tagen trennten sich die Wege von Jean Jacques, Bertrand und mir.

Als Jean Jacques und Bertrand weiterzogen, war die Sicherheit, die sie mir gegeben hatten, plötzlich weg. Die erste Nacht allein unter freiem Himmel machte mir Angst, doch ich meisterte sie und gewann immer mehr Selbstvertrauen. Ich wusste: Ich schaffe das auch allein. 🌟

Allein unterwegs lernte ich wieder mehr Menschen kennen, hatte berührende und lustige Begegnungen, aber genoss auch die Stille. Oft lief ich tagelang ohne Austausch, sprach laut mit mir selbst, sang meine Einsamkeit weg und betete. Diese Momente gehörten nur mir – sie halfen mir, zu reflektieren und mich neu zu ordnen. 🙏🎶

Auf dem Weg geschahen immer wieder magische Dinge mit Tieren. Zwei Vögel begleiteten mich kilometerweit, während ich Mantras sang. Diese Momente fühlten sich wie Zeichen an. Mit jedem Tag wurde meine Vision klarer: Ich sah einen Hof, voller Leben, mit Tieren, Pilgern und Gästen. Alles war so lebendig, ich konnte sogar die Bettwäsche vor meinem inneren Auge sehen. 💫

Als ich nur noch 21 Kilometer von Santiago entfernt war, fühlte ich eine Mischung aus Vorfreude und Wehmut. Der Weg hatte mich verändert, und ich war bereit für den letzten Schritt. 💚✨

Am 01. Juni 2024, nach 30 Tagen, 850 Kilometern voller Schmerz, Trauer, Liebe und Freude, bin ich endlich mit Jill in Santiago de Compostela angekommen. Zu meiner Überraschung wartete Jean Jacques dort auf mich, direkt an der Treppe, an der ich herunterlief. Er nahm mich in den Arm und sagte: „Tu es la femme la plus forte que j'aie jamais rencontrée. Profite de ton moment et sois fière. Je suis fier de toi, tu as réussi, toi la courageuse“ (Du bist die stärkste Frau, der ich je getroffen habe. Genieß diesen Moment und sei stolz auf dich. Ich bin stolz auf dich, du hast es geschafft, du Mutige). Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten – es war ein unbeschreibliches Gefühl von Stolz, Glück und Dankbarkeit, auf diesem Platz zu stehen, die Pilger meiner Reise wiederzusehen und diesen Moment zu erleben.

Eine letzte wundersame Erfahrung möchte ich noch teilen. Den gesamten Weg über hatte ich das Gefühl, dass mich meine verstorbene Tante Mia begleitet. Schon in Irun, an meinem ersten Tag, entdeckte ich ihre Lieblingsblume, eine weiße Callablume. Jeden Tag sah ich diese Blume irgendwo auf meinem Weg, machte ein Foto und schickte es meiner Mama mit den Worten: „Guck mal, Mia ist wieder da.“ Selbst nach Ende des Jakobswegs sah ich sie noch ein letztes Mal, als ich in Santiago das Hotel wechselte. In meinem neuen Zimmer für Pilger mit Hund hing ein Bild mit drei Katzen und Callablumen an der Wand. Es war ein Moment voller Gänsehaut – Mia, Jill und ich, wir drei sind den Weg zusammen gegangen und haben uns gegenseitig Halt gegeben. 🌸🌸🌸

Jetzt, einen Monat und eine Woche später, sitze ich hier und arbeite an meiner Vision, die auf dem Jakobsweg entstanden ist. Durch die Reflektion über mein Leben und die Auseinandersetzung mit meinen Stärken und Schwächen habe ich eine klare Vorstellung von meiner Zukunft gewonnen. Eins ist sicher: Lumãna wurde auf dem Jakobsweg geboren – und wird eines Tages dorthin zurückkehren, nach Nordspanien, um wahr zu werden. 💚✨

 
 
 

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